24. Juni
Gestern hatte ich das Interview mit dem Großvezier für
die N. Fr. Pr. Es dauerte anderthalb Stunden. Haireddin
Bey war wieder der lächelnde Dolmetsch. Er sagte ver-
gnügt: „Es war nichts — nur ein paar hundert Tote."
Ich saß am Fenster im Sonnenschein und schwitzte,
während ich auf den Knien schrieb. Die Sonne fiel auch
auf das Papier und blendete meine Augen. Es war sehr
ermüdend.
Orientalischer Zug.
Als wir über die Brücke vom Goldenen Hörn gingen,
belästigte mich ein Betteljunge, auch nachdem ich ihm
etwas gegeben hatte. Ich bat Také Margueritte, mir Ruhe
zu verschaffen. Er spuckte dem armen Buben einfach
ins Gesicht.
Eine halbe Stunde später waren wir im Hotel. Newlinski schrieb und sagte plötzlich zu Také in barschem
Ton: „Sonnez."
Und Také läutete gehorsam. Der Bettelbub war gerächt.
Newlinski, dem ich die Siene von der Brücke erzählt
hatte, höhnte Také später noch, indem er sagte: „Ici on
recoit des crachats, et on les rend."
Newlinski war gestern den ganzen Nachmittag mit Izzet
und N... Bey im Palais beisammen. Ich soll auf beide
den günstigsten Eindruck gemacht haben. Izzet sagte von
mir: ich sei ein „inspiré", was das höchste Lob bei den
Muselmanen ist, und N... meinte, ich sei ein homme hors
ligne.
Freilich, die Hauptsache, der Empfang beim Sultan,
war nicht zu erreichen.
Es ist immerhin eine ungeheure Sache, denn Széchényi
Pascha z. B., in dessen Haus wir gestern déjeunierten,
hat mit dem Sultan seit zehn Jahren nicht gesprochen, obwohl er beim Selamlik nie fehlt, und obwohl er vom Sultan demnächst zum Marschall befördert werden wird.
Theodor Herzl (1860-1904) was journalist en grondlegger van de zionistische beweging, die ijverde voor een eigen joodse staat in toenmalig Palestina. Van 1895-1904 hield hij een dagboek bij.
Abonneren op:
Reacties posten (Atom)
Geen opmerkingen:
Een reactie posten