• Harry Graf Kessler (1868-1937) was een Duitse kunstverzamelaar, museumdirecteur, schrijver, publicist, politicus, diplomaat en pacifist. Hij hield 57 jaar lang een dagboek bij.
Paris. 4. Oktober 1929. Freitag
Alle Pariser Morgenzeitungen bringen die Nachricht vom Tode Stresemanns in größter Aufmachung. Es ist fast so, als ob der größte französische Staatsmann gestorben wäre. Die Trauer ist allgemein und echt. Man empfindet, daß es doch schon ein europäisches Vaterland gibt. Die Franzosen empfinden Stresemann wie eine Art von europäischem Bismarck.
Die Legende beginnt; Stresemann ist durch seinen plötzlichen Tod eine fast mythische Figur geworden. Keiner von den großen Staatsmännern des neunzehnten Jahrhunderts, weder Pitt noch Talleyrand, noch Metternich,noch Palmerston, noch Napoleon III., noch Cavour, noch Bismarck, noch Gambetta, noch Disraeli, hat eine so einstimmige Weltgeltung und Apotheose erreicht. Er ist der erste, der als wirklich europäischer Staatsmann in Walhalla eingeht. Die ›Times‹ schreiben in ihrem Leitartikel: ›Stresemann did inestimable service to the German Republic; his work for Europe as a whole was almost as great.‹
Um etwas Ähnliches an allgemeiner Trauer und Weltgeltung zu finden, muß man auf den Tod des von Stresemann so bewunderten Byron zurückgehen. Als ich ihn im Kriege auf meine Kosten auf die ›Times‹ abonnierte, damit er einen europäischen Überblick bekäme, haben weder er noch ich ein solches Ende, eine solche europäische ›gloire‹ vorausgesehen! Es ist sehr bemerkenswert, wie seit dem Kriege fast nur Deutsche Weltgeltung erlangt haben; auf allen Gebieten: Einstein, Eckener, Köhl, Remarque, Stresemann usw., denen an ähnlichen Reihen nur etwa Lindbergh, Lenin, Proust gegenüberstehen. Vieles an diesen Auszeichnungen durch die Masse der Zeitungsleser ist schief und übertrieben, aber das Phänomen als Ganzes ist doch beachtenswert.
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