13. Dezember 1846
Unsere Reise bietet jetzt wenig Veränderung, es verfließt ein Tag wie der andere. Der Wind ist ungünstiger geworden, er weht aus NO und wir dürfen also vermuten, daß bei Euch der Winter mit Schnee und Eis eingekehrt ist. Hingegen bei uns wirds alle Tage wärmer, und ich habe schon einen bedeutenden Teil meiner anfänglichen Kleidung ausgelassen und bald wird dieselbe wohl nur aus Hemdleinen, Hose und Jacke und Strohhut bestehen. Gegen Weihnachten und Neujahr werde ich mich wahrscheinlich alle Tage in Seewasser in einer Tonne baden. Wir segeln jetzt gerade vor dem Winde her, die Bewegung des Schiffes ist dadurch keineswegs angenehmer geworden.
Anstatt wie früher, als der Wind von der Seite kam, bald Vorderteil bald das Hinterteil des Schiffes ins Wasser tauchte, schlenkert jetzt das Schiff fortwährend von der rechten zu der linken und wieder zurück und zwar so stark, daß bei Tisch gewöhnlich alles durcheinander rollt und der Steward alle Mittage für ein reines Tischtuch zu sorgen hat.
Noch schlimmer gehts des Nachts, man kann nicht schlafen, ununterbrochen wird man von der einen nach der anderen Seite gerollt und hat man sich wohl zu hüten, daß man nicht zu weit rollt aus der Koje heraus, man könnte da leicht den Hals brechen. Wie ist nun aber diesem Übelstande abzuhelfen?
Der Steuermann riet mir: ich sollte mich quer in der Koje setzen, mit dem Rücken gegen die Wand gelehnt und die Füße gegen das Brett, das die Koje einfaßt stemmen, dann säße man fest. Ich glaube gern, daß dieses Mittel praktisch ist, wer kann aber in einer solchen eingezwängten Stellung schlafen? Besser scheint es mir noch zu gehen: man legt sich in die Mitte der Koje, bindet zwei Stricke um den Leib, wobei man den einen rechts, den anderen links straff befestigt, man wird dann seine Lage nicht leicht verändern können. Probieren!
Tagebuch eines Auswanderers. Aufzeichnungen anno 1846 im Tagebuch von Heinrich Justus Francke (1826-1878) über eine Schiffsreise von Bremen nach New Orleans.
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