Wir kommen zur Sache.
Er hat das Buch sehr aufmerksam gelesen und findet Fajngold die bessere Rolle, weil er eine Vergangenheit hat: er kommt aus Treblinka. Dagegen weißt man von Sigismund Markus wenig.
Ansonsten sind die Rollen der beiden Juden gleichwertig. Sie ergänzen sich so, daß eigentlich ein Schauspieler beide darstellen könnte. Sigismund Markus ist Oskars Spielzeughändler und verehrt seine Mutter. In der Reichskristallnacht bringt er sich um. Das ist etwa zur Halbzeit des Films, und man muß Sigismund Markus bis zum Schluß nachtrauern, damit Fajngolds Auftritt 1945 sofort an ihn erinnert. Deshalb ist die Besetzung mit einem Star auch dramaturgisch sinnvoll. Der dem KZ Entkommene sollte dagegen anonym bleiben.
Wir überlegen, wo und wie Markus einen Moment für sich haben könnte. Aznavour meint, es sei wichtig, ihn einmal allein zu sehen. Vielleicht auf dem Friedhof, nachdem man ihn bei Agnes' Beerdigung als 'Itzich!' weggejagt hat. Er könnte abends allein zurückkommen an das Grab der Frau Agnes, die er verehrt hat, der er seidene Strümpfe geschenkt hat und »die jetzt schon dort ist, wo alles so billig ist«.
Es erweist sich wieder, wie wichtig es ist, ein Drehbuch mindestens einmal mit den Augen des Darstellers einer jeden Rolle zu lesen. Flug Zürich-München. Jetzt drei Tage hier, dann wieder Polen — das sind dann bald die letzten Reisen! Uff, denn Tage wie heute sind schön. Es kommt zusammen, wir scheinen Rückenwind zu haben — aber: mit Simone Signoret nach abenteuerlicher Autofahrt in St. Paul reden, Mittagessen mit Anatole Dauman und seinem Verleihchef, nach Genf fliegen, zu Aznavour ans andere Seeufer fahren, reden und ihn gleichzeitig beobachten, zurück zum Flughafen, umbuchen, einchecken, in Zürich im Dauerlauf umsteigen: zu viel auf einmal. Heute abend noch Jean-Claude anrufen, damit er die Großmutter-Texte für Signoret bearbeitet.
Abends schreibe ich für Aznavour die Markus-Szenen um un bringe sie zur Post. Der kleine Zusatz auf dem Friedhof gefällt mir.
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